Hier ein paar generelle Anmerkungen, Beobachtungen und Behauptungen zum Thema Mobile Journalism im Jahr 2015. Wobei Mobile Journalism weiter ein recht unscharfer Begriff bleibt und hier Journalismus hauptächlich mit und auf, aber auch für Smartphones meint.
Mobile Reporting wird günstig
Das iPhone 6 Plus mit 128 GB Speicher kostet 999,00 EUR. Das ist eine Menge Geld. Die muss man im Jahr 2015 nicht mehr ausgeben, um qualitativ hochwertige Inhalte auf Smartphones zu produzieren. Einsteiger-Smartphones wie das Samsung Galaxy S3 Neo oder günstige Modelle aus der Lumia-Serie reichen aus, um qualitativ journalistische Inhalte anzufertigen die mindestens “Good Enough” sind. Sowohl was die Hard- als auch was die Software anbelangt.
Das gilt für Deutschland und Europa und und und, ist aber ungleich spannender für viele andere Teile der Welt in denen nicht nur „Mobile First“ sondern „Mobile Only“ gilt. Regionen der Welt wie Sub-Saharan Africa wo die Versorgung mit Mobiltelfonen die Verbreitung von Elektrizität übersteigt. Vgl. Mobile Is Eating the World.
Traditionelle Medienunternehmen „umarmen“ neue Möglichkeiten
Das erste und letzte Mal als ich die App Yo im Sommer 2014 öffnete, fand ich das Interface sehr gelungen, den eingeschränkten Funktionsumfang aber eher albern. Gestern Abend las ich bei Twitter, dass das jetzt nutzt.
Ohne dass ich davon was mitbekommen habe, kann man mit Yo jetzt offenbar Links und den Standort versenden, was neben der BBC auch USA Today und die Huffington Post und viele andere tun.
Journalistinnen und Journalisten und andere (Yo app warns Israeli citizens of missile strikes) besinnen sich offenbar zunehmend darauf neue Werkzeuge kreativ auszuprobieren. Wenn Die Welt dann bei Tumblr veröffentlicht, dann ist das zwar nicht das allererste Mal auf Erden, aber dennoch originell, unterhaltsam und innovativ – und letztlich natürlich sehr „mobile“.
Formate sind alles
Um Inhalte im Kontext neuer Nutzungsszenarien zielführend aufzuarbeiten, sind adequate Formate notwendig. Neben dem Ausprobieren neuer Werkzeuge zeigt sich schnell, dass hier viele klassische journalistische Kenntnisse und Fähigkeiten nicht nur weitergelten, sondern dringend notwendig sind.
„The best journalism combines the discipline, accuracy of the old with the tools, resources and immediacy of the new…“
2014 war ein gutes Jahr, um sich anzuschauen, was man mit dem inzwischen weit im Mainstream angekommenen Dienst Instagram anfangen kann. Vgl. 5 formats news outlets are using on Instagram. Statt hier schnell aufzugeben wie einige deutsche Medienanbieter, hätte es sich sicher gelohnt hier weiterzumachen. Oder eben gleich in Innovationstreiber wie https://nowthisnews.com/ zu investieren wie Springer.
Wissen was geht
Dem Buch „Das Neue Spiel“ von Michael Seemann habe ich folgende Geschichte entnommen: Der ziemlich reiche und ziemlich paranoide IT-Sicherheitsexperte John McAfee flüchtet 2012 nachdem sein Nachbar tot aufgefunden wird. Wochenlang bleibt er verschollen und willigt schließlich ein, dass ihn zwei Vice-Journalisten interviewen und einige Tage begleiten. Einer dieser Journalisten schießt zum Beweis ein Foto das veröffentlicht wird. Doof nur, dass er das Foto mit einem iPhone 4 geschossen hat und sich aus den EXIF-Daten des Bildes neben Informationen über die Kamera auch der genaue Aufenthaltsort auslesen lassen.
Will sagen: Wenn ich nichts über das Potential meines verwendeten Equipments weiß, kann ich es auch nicht zielführend nutzen. Eine flächendeckende Beobachtung. Wir halten alle digitale Supermultifunktionsgeräte in den Händen und verwenden sie, um damit den Facebook-Status zu überprüfen und um Schnappschüsse anzufertigen, das ist zu wenig.
Was kommt als nächstes
„Es wird immer weitergehen, Musik als Träger von Ideen.“ Diese Zeile von Kraftwerk habe ich regelmäßig als Ohrwurm wenn es um die weitere Entwicklung von Technologien geht. Und Max Goldt auch, mit „Wenn ich wissen will wie das Wetter morgen wird, schaue ich morgen aus dem Fenster“. Denn wir haben alle keine Ahnung wie die Zukunft wirklich aussehen wird. So sah sie 1992 aus: Simon Personal Computer.
Und was kommt jetzt wirklich als nächstes?
Fred Wilson sagt Messaging: “Messaging is the new social media … Families use WhatsApp groups instead of Facebook. Kids use Snapchat instead of Instagram. Facebook’s acquisition of WhatsApp in February of this year was the transaction that defined this trend.“ Vgl. The ‘Social Media Phase Of The Internet’ Is Over. Wenn man sich bei Nieman umschaut, könnte er Recht haben. Vgl. Around the world, media outlets and journalists are using chat apps to spread the news.
Dieser Fred Wikson sagt ja eine ganze Menge, u.a. auch dass die Apple iWatch einen sehr sehr schwierigen Start haben wird (glaube ich auch). Aber wer um alles in der Welt ist Fred Wilson? Vielleicht liegt ein Teil der Zukunft auch irgendwo in den Weiten der Virtual Reality? Ähnliches hat man allerdings vor kurzer Zeit auch über Google Glass gesagt. Das sagt derzeit zumindest kaum noch jemand.
Bis es soweit ist, sollten wir vielleicht auf jeden Fall die Möglichkeiten unserer Mobiltelefone komplett ausreizen, ausprobieren oder den Mann ohne Eigenschaften mal ganz lesen. Denn hier findet sich die Antwort auf die Frage: Was soll das jetzt?
“Wenn es aber Wirklichkeitssinn gibt, und niemand wird bezweifeln, daß er seine Daseinsberechtigung hat, dann muß es auch etwas geben, das man Möglichkeitssinn nennen kann. Wer ihn besitzt, sagt beispielsweise nicht: Hier ist dies oder das geschehen, wird geschehen, muß geschehen; sondern er erfindet: Hier könnte, sollte oder müßte geschehn; und wenn man ihm von irgend etwas erklärt, daß es so sei, wie es sei, dann denkt er: Nun, es könnte wahrscheinlich auch anders sein. So ließe sich der Möglichkeitssinn geradezu als die Fähigkeit definieren, alles, was ebensogut sein könnte, zu denken und das, was ist, nicht wichtiger zu nehmen als das, was nicht ist.” (Robert Musil, Der Mann ohne Eigenschaften. Roman [1930/32]. Neuausgabe 1978. Reinbeck: Rowohlt, ²1987, Band I, p. 16)
PS. Bald dann wieder normaler Mobile Stuff mit konkreteren und handfesteren Tipps und Tricks. zum Beispiel. Und ab jetzt wieder regelmäßig: Die Journalisten-App nebenan bei Torial.
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